DGV-Mädchen erkämpfen Bronze im Sturm von Reykjavík

Der Nachwuchs hat’s gerichtet: Während sich die deutschen Damen und Herren bei der Team-Europameisterschaft 2022 mit den Plätzen 7 und 8 begnügen müssen, bringen die Mädchen von ihrer Dienstreise nach Island die Bronzemedaille mit nach Hause, die Jungen holen auf heimischem Terrain im Golf Club St. Leon-Rot gar Gold und verteidigen damit ihren Titel aus dem Vorjahr. Beide Junior-Teams des Deutschen Golf Verbands setzen sich dabei am EMM-Finaltag gegen die Abordnungen aus England durch; die Mädchen siegen 4:3, die Jungen triumphieren mit 4,5:2,5. Im Kampf um Gold jubeln bei den Mädchen am Ende die Französinnen, die Deutschland im Halbfinale ausgeschaltet hatten und im Finale mit 4:3 gegen Schweden die Oberhand behalten. DGV-Bundestrainer Sebastian Rühl ist nach einer ebenso harten wie wunderschönen und in jedem Fall unvergesslichen Turnierwoche im rauhen Island „unglaublich stolz“ auf seine Mädchen und deren herausragende Leistungen. Und auf eine Bronzemedaille, die sich fast so gut anfühlt wie Gold.

Urriðavöllur/Island – Spätestens als Sebastian Rühl, Bundestrainer der Mädchen des Junior Team Germany, am Samstagvormittag auf seinem Instagram-Account ein kurzes Video teilte, war klar, was da abgeht an diesem Finaltag der Team-Europameisterschaft 2022 in Island: Die mit dem Logo des Veranstalters European Golf Association „EGA“ versehenen Lochfahnen bogen sich auf dem Platz des Oddur Golf Club in Urriðavöllur in einem Halbkreis in Richtung Boden, wo zeitgleich die Golfbälle aus schon ruhender Position auf dem Grün wieder flott losrollten, getrieben vom Wind, der messerscharf über die Anlage fegte. „So etwas haben wir alle noch nicht erlebt“, erzählte Rühl später, „auch die Engländer nicht, und die sind in Sachen Wind und Wetter wirklich einiges gewohnt.“ Gemäß Reglement wurde die Partie deshalb kurz vor Mittag unterbrochen, für knapp zwei Stunden, bis sich die heftigsten Sturmböen gelegt hatten.

Die Ergebnisse des Bronze-Matches gegen England >>>


Dass das Team Germany rund sechs Stunden später als Bronzemedaillengewinner dieser Europameisterschaft in den Büchern stand, war einer grandiosen kämpferischen Leistung der Spielerinnen und des gesamten Teams um Bundestrainer Sebastian Rühl zu verdanken. Der hatte sich mächtig auf das Duell um Platz 3 mit England und seinem Trainerkollegen Mark Day gefreut, schließlich schätzt der deutsche Coach die Arbeit des englischen Nachwuchsteams und seiner Trainer und begrüßt entsprechend auch das Kräftemessen mit einem zumindest gleichwertigen Gegner. Und auf diesen sportlichen Vergleich hatte er sein Team bestens eingestimmt. „Meine Mädchen sind mit einer unfassbaren Präsenz auf diesen Golfplatz gegangen, und ich bin unglaublich stolz, dass wir dieses Match gewonnen haben, an so einem Tag, bei solchen äußeren Bedingungen, in dieser Art und Weise, auf diesem Golfplatz und gegen diesen Gegner.“

Am frühen Morgen um 8:12 Uhr schickte er mit Philipa Gollan vom Lübeck-Travemünder Golf Klub von 1921 und Tessa Kremser vom GC St. Leon-Rot seinen ersten Vierer auf den Platz, zehn Minuten später folgte das Stuttgart-Solitude-Duo Helen Briem/Katharina Anglett. Gemäß der Devise, dass zumindest ein Vierer gewonnen werden muss, um eine Chance auf den Tagessieg zu haben, in diesem Fall die Bronzemedaille der EMM 2022, holten Gollan/Kremser, die erstmals zusammenspielten, auf dem 18. Grün den ersten Punkt für Deutschland. Der zweite Vierer ging wenig später an selber Stelle an die Engländerinnen – alles offen damit vor den Einzeln.

Philipa Gollan macht den Deckel drauf

Drei Punkte galt es nun für die deutschen Mädchen in den Einzelduellen zu holen, und es wurde eine Punktlandung: Helen Briem machte mit Isla McDonald O’Brien beim 5&4 kurzen Prozess, ließ der Britin von Beginn an nicht den Hauch einer Chance und dominierte ihre Partie absolut souverän. Rühl: „Helen wird sehr oft auf ihr außerordentlich starkes langes Spiel reduziert, aber sie beherrscht wirklich das ganze Paket! Sie hat unglaublich solide Eisen ins Grün geschlagen und eine taktisch perfekte Partie gezeigt. Ihre Gegnerin hatte nie die Möglichkeit, selbst ins Match zu kommen.“

Marie-Agnes Fischer vom Münchener GC, diesmal ohne Einsatz im Vierer, setzte sich mit 4&2 beinahe ebenso glatt gegen Olivia Lee durch und holte den dritten Punkt für das Team Germany. Und wenig später war es Philipa Gollan vorbehalten, den Deckel draufzumachen auf die Bronze-Schatulle für ihr Team: Mit 4&3 buchte sie gegen Ellen Yates ihren zweiten Punkt an diesem Tag und Zähler Nummer 4 für Deutschland, und sorgte für Jubel ohne Grenzen. Der Vollständigkeit halber: Emilie von Finckenstein hatte ihre Partie mit 3&2 abgegeben, Tessa Kremser lag mit ihrer Gegnerin an der 17 gleichauf und musste nicht mehr fertigspielen, die Partie wurde schließlich für England gewertet; Katharina Anglett war im Einzel nicht zum Einsatz gekommen.

„Wir sind hier mit sechs EM-Neulingen angetreten, die am Ende unter wirklich sehr schwierigen Bedingungen Bronze geholt haben – das war von allen ein ganz toller Job“, freute sich Rühl. Und als ihm am Finaltag ein Zuschauer an Loch 6 berichtet, dass das Team Germany seines tollen Verhaltens und Auftritts und seines tadellosen Sportsgeists wegen in der Lokalzeitung in Reykiavík besonders lobend hervorgehoben worden war, ist das wohl das schönste Kompliment, das man dem Coach am Ende einer unvergesslichen Woche machen konnte. „Das bedeutet mir fast noch mehr als dieser wunderbare dritte Platz.“

Fünftes Edelmetall


Der gute Eindruck, den Sebastian Rühl, Mentaltrainer Justin Walsh, Physiotherapeutin Sarah Menschl und die sechs Spielerinnen beim Turnier in Island hinterlassen haben, wird jedenfalls ebenso im Gedächtnis bleiben wie der sportliche Erfolg einer weiteren Bronzemedaille. Mit Rang 3 im Golfklúbburinn Urriðavöllur holen Deutschlands Mädchen zum insgesamt fünften Mal eine Medaille bei einer Team-Europameisterschaft: Siege gab es 1999 in Finnland, 2006 in Dänemark und 2020 in der Slowakei, dort schon mit Sebastian Rühl als verantwortlichem Bundestrainer. 1997 war es Silber für Platz 2 beim Heimspiel im Frankfurter GC.

Nun also eine Bronzemedaille im Oddur Golf Club in Island, und dies ist tatsächlich schon das zweite Edelmetall, das ein DGV-Team aus Island entführt: Auch 2016 gab es hier einen dritten Platz und EM-Bronze für Deutschland, damals waren die Damen im kleinen Finale erfolgreich mit Esther Henseleit, Lena Schäffner, Laura Fünfstück, Sophie Hausmann, Leonie Harm und Antonia Eberhard – der gelang im Zählspiel mit einer 68 die beste Runde des gesamten Turniers.

2023: Revanche gegen Frankreich

In diesem Jahr haben die Youngster des Golf Team Germany bei den Team-Europameisterschaften die deutschen Farben erfolgreich vertreten, sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen. Viele aus den Kadern werden 2023 schon für die Damen- respektive die Herrenteams spielen, und dann versuchen, auch bei den Erwachsenen Edelmetall für Deutschland zu holen – ganz gleich, wie heftig und wo dann der Wind über die Anlage des Austragungsorts bläst. Nur die Bälle dürfen nicht losrollen auf dem Grün – das war das Einzige, was die DGV-Mädchen bei der EMM 2022 auf Island kurzzeitig ausgebremst hatte, mal abgesehen von den späteren Turniersiegerinnen aus Frankreich.

Mit denen jedenfalls ist jetzt eine Rechnung offen, und deshalb freuen sich Sebastian Rühl und sein Team schon auf die EMM der Mädchen im Sommer 2023. Die findet im Green Resort Hrubá Borša in der Slowakei statt, und dort werden die Karten dann neu gemischt.

Schwer erkämpft, hart erarbeitet, hochverdient: Die Bronzemedaille der EMM 2022 für das DGV-Mädchenteam. Foto: DGV
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